Zweierlei sei hier kurz erwähnt: Dieser Text zeichnet sich
nicht durch wissenschaftliche Objektivität, sondern durch gefühlsbetonte
Subjektivität aus. Für weitere Blogeinträge sei dies hiermit -vermutlich- auch
gleich vorweggenommen. Es wird die geben, die das Bild in meinen Wörtern nicht
sehen oder nachvollziehen können. Dieser kleine Aufsatz ist für Menschen, die
vielleicht ähnliche Gedanken haben und sich in meinen Wörtern teilweise wiederfinden.
Reaktionen, Kritiken sind jedenfalls sehr gewollt.
Es gibt diese Situationen in meinem Leben, die sich zu Momenten der Reflexion oder des „Sich selbst Überdenkens“ entwickeln wollen oder sollen,
sich letzten Endes jedoch meistens nur wie ein Gefängnis ohne Zeit und Raum
anfühlen. Dieses Feststecken ist dann oft ein befremdendes Resignieren in
unbestimmter Erwartung. Doch meine Erwartung scheint heute in ihrer Anstoßsuche,
Ausdruckssuche kochender Gedanken so etwas wie eine Idee oder Inspiration
erfahren zu haben.
Ich sehe verschwommen ein Bild einer Person. Eines Hauchs
einer Person. Mich an jemanden erinnernd und doch so fremd. Unbeirrbar bahnt
sie sich einen Weg durch diesen Wellengang Moralgrenzen verschlingender Ströme;
verzehrender, unruhiger Wasserläufe eines unkontrollierbaren, ausufernden
Systems. Der peitschende Sturm scheint keinen Einfluss auf sie zu nehmen. Dieser Schatten wirkt nicht mal angestrengt, besorgt, beunruhigt. Trotz der Drohung gefressen
zu werden. Gefressen zu werden von einem alles normierenden, zwingenden Schema.
Eines kollektiven, als idealistisch postulierten Gedankenkonstrukts, nach dem
gewisse Kompromisse des Individuums auf jeden Fall eingegangen werden sollten.
Doch diese „Person“, diese anthropomorphistische Brechung von Augenscheinlichem
und Traum, lässt sich darauf nicht ein. Der Sturm bezwingt sie nicht. Erstaunen fesselt meine Gedanken, meine Aufmerksamkeit. Ich
schmelze in Unwissenheit. Wasser dringt von überall ein, umhüllt meinen Geist,
berauscht meinen Sinn. Eine eiskalte Hand umfasst mein Herz. Nur noch meine Hand
ragt aus dem dampfenden Gewässer heraus. Ich sinke jedoch nicht. Sondern treibe
nur in diesem wunderlichen, unendlichen Moment. Mein Geist verzehrt sich in
scheinbarer Agonie, reißt sich jedoch in Wirklichkeit nur um ein Ausbrechen aus
dieser eingefrorenen Zeitlosigkeit. Eben nicht Spirale, eben schon gar nicht
gerade Strecke, sondern eben Kreis. Schwimme schneller, immer schneller in deinem
Käfig. Schatten, flammender Spiegel meiner selbst, du Perspektive des
Wissenden, läufst entschlossen, blickst gerade aus. Weißt. Zweifelst nicht.
Mein Herz erstickt der Gedanke an dich. Für ein Sein in unmittelbarer
Gegenwart der Wellen und doch, so wie du, weit außerhalb von ihnen.
Wellen. Was habt ihr so zwingendes an euch? Was ist es, das
den Einzelnen so einschränkt in seinem Horizont, in seinem Potential; so unter Wasser drückt? So
aggressiv und doch so subdominant, so unauffällig. Stäubend und alles
zerbrechend in eurer tatsächlichen Kraft, überschwemmt ihr den Einzelnen doch
schleichend mit Substanzlosigkeit, Antriebslosigkeit, Orientierungsverlust. Das
Meer ist voll mit untergegangen, leeren Identitäten. Manchmal zappeln sie, die
kalten Körper am Meeresgrund, in plötzlichen Anwandlungen doch nicht am Grund
weiter herum treiben zu wollen. Doch, meinen Blick erhellend, erfasse ich
plötzlich auch andere Silhouetten, wild nach der Wasseroberfläche ringend.
Manche, trotz aller Bemühung zu entfliehen, ebenfalls im Raum feststeckend,
weder sinkend noch steigend. Andere, resignierend, sinkend. Und dann wieder
andere, ich mag um ihre Existenz beinahe überrascht gewesen sein, steigend. Der
Wasseroberfläche entgegenkommend.
Bist es tatsächlich nur du? Du, der dafür verantwortlich
ist, in dieser Situation zu stecken? So heißt es doch immer zu: „Das Einzige,
das zwischen dir und deinem Glück steht, bist du selbst.“ Handelt es sich also
nun tatsächlich nur um subjektive Gedankensämlinge, aus denen all der Zweifel
und in Folge all die nicht vollbrachten Taten, oder die Unzufriedenheit über
vollbrachte Taten sprießen? Die Welle, der Sturm selbst ist schließlich nicht
aggressiv. Sie umfassen zwar schleichend deine gesamte subjektive Welt, doch
stellt sich dir eigentlich niemand aktiv in den Weg. Was ist es also nun, dass
diese Ohnmacht verursacht? Diese Stagnation? Alles in allem ist es wohl vor
allem die Unzufriedenheit darüber zu sein. Zu sein im Kontext der tiefen,
schwarzen Abgründigkeit blanker Unwissenheit und folglich Befangenheit, welche
die Stagnation, das „Treiben im wunderlichen, unendlichen Moment und
eingefrorener Zeitlosigkeit“ verursacht.
Und wieder reißt es sich los aus aller vermeintlichen Kontrolle,
der Seufzer des bedrängten Wesens im Angesicht seines unerreichbaren Schattens.
Doch genug davon. Genug von dieser selbst mystifizierten, auf dem Wasser
wandelnden Idealisierung einer Person die nicht existiert. Nichts als ein Bild,
nichts als Verblendung. Wir berauben uns selbst unserer Substanz. Sind es
letzten Endes nicht wir selbst, die wir uns hoffnungslos überschwemmen mit
Erwartungen? Erdrückende Erwartungen an sich selbst, bebend und wachsend durch vernebelte
Gedanken, verblendet durch ein Trugbild, eine alternative Möglichkeit in diese
Welt hinauszugehen – Möglichkeit, da doch zu einem gewissen Grad sein
potentielles Ich in diesem Schatten wiederfindend.
Dieses Gefühl der Unvollständigkeit wächst auch zu einem
gewissen Grad aus einem anachronistischen Verständnis oder Zusammenspiel von
Körper und Geist. Mein Körper ist Wirt eines Geistes der sich selbst dieser
Zeit einfach nicht zuordnen kann. Ich als Wirt handle und rede, wie es der
Zeitgerechtigkeit heutzutage zu entsprechen scheint. Geistlos. Zumindest fühle
ich mich oft so. Als ob sich mein Geist dieser Zeit, dieser Welt verweigern
wolle. Als müsste ich zunehmend meiner eigenen Lebendigkeit nachjagen.
Eine scheinbar nicht zu bewältigende Aufgabe, so erscheint
er mir, dieser einzige Weg raus aus dem Sumpf des bedrängten, empfindlichen Ich
Seins. Dieser Pfad, der weg führt von einem selbst, weg von aller
Empfindlichkeit und Abhängigkeit, und damit auch aller Enttäuschung.
Entkontextualisiert aus allem Zwiespalt, allem inneren Wesen und äußerer Welt. Es
sind zwei getrennte Welten. Zwei für sich potentiell funktionierende Systeme, in
ihrer wirkungsvollsten Vollständigkeit entrissen aus aller Interaktion. In
einer Welt, von Menschenhand geformt für die geistlose Substanz, scheint der
irrelevante Einsatz für das bare Sein, das empfindliche Wesen nur umso enger an
die, einen enttäuschende Welt zu ketten.
Wo also, wenn nicht auf der Straße auffindbar, ist der Weg
heraus zu finden? Bei Gott? Eine Antwortsuche ist jedem selbst überlassen.